Was wir nicht wußten: Finnland ist zweigeteilt. Das Schild zeigt es. Die gelbe Fläche ist der Süden. Da leben die allermeisten Menschen. Die schwarze Fläche ist der Norden. Da leben die allermeisten Rentiere. Auf der Grenze stehen diese Hinweistafeln.
Wenn ein Rentier auf der Straße steht, gibt es nur eins: Im Schritttempo dran vorbei. Und Schritttempo heißt Schritttempo! Denn man kann einfach nicht vorhersagen, ob es genau diesem Rentier vielleicht nicht doch im letzten Moment einfällt, die Richtung zu ändern und einem unmittelbar vor der Stoßstange herzulaufen. Keine Ahnung, welche innere Regung die Tiere dazu bringt. Mit Todesverachtung hat es nichts zu tun, besonders mutige Tiere sind es nicht. Es scheint einfach so, dass sie die rollenden Blechdosen, in denen diese merkwürdigen zweibeinigen Wesen mit den vielen verschiedenfarbigen Fellen sitzen, völlig ignorieren.
Es dauert keine drei Kilometer, dann haben wir eine erste Begegnung mit dieser Spezies. Die Bordinstrumente zeigen 15.57 Uhr Ortszeit, 16 Grad plus, aufkommender Regen.
Als wir später das erste weiße Rentier passieren, denken wir noch, jetzt dürfen wir uns was wünschen. Was wir auch tun. Aber wir verraten nicht, was.
Wenig später wird uns klar, es gibt jede Menge davon.
Etwas besonderes sind sie trotzdem. Die schönsten Exemplare dürfen im Dezember den Schlitten vom Weihnachtsmann ziehen. Sagt man jedenfalls in Rovaniemi, der Stadt am Polarkreis. Findige Finnen haben dem Christkind hier eine Adresse verpasst. Jedes Jahr schreiben hunderttausende Kinder aus aller Welt. Es gibt ein Christmas-Village, jede Menge Christmas-Ressorts und eine ganze Weihnachtsindustrie.
Aber jetzt im Sommer wirkt alles etwas deplatziert …
Neugierig sind Rentiere übrigens auch. Dieses stand bei unserer Ankunft gefühlt eine halbe Stunde vor unserer Hütte und schaute durch die Tür. Als wir mit Ausladen fertig waren, war es auch mit Gucken fertig und setzte sich wieder gemächlich in Trab…
Und dieses ließ sich am nächsten Morgen in aller Ruhe fotografieren. Das war auf der Rentierfarm Toini Sanila, ganz oben im Norden, wo Russland, Norwegen und Finnland an einander stoßen.
Ein wunderschöner, friedlicher Ort. Und das soll so bleiben.